Die Ambulantisierung wird in der Gesundheitsversorgung einen wesentlichen Bestandteil der Strukturveränderung ausmachen. Trotz der bisherigen politischen Bemühungen, fordern Ärzteverbände, Kassenärztliche Vereinigungen und verschiedenste Akteure aus dem Gesundheitswesen eine konsequentere Ambulantisierung, vor allem durch eine zügige Umsetzung der Krankenhausreform oder der Einführung von Hybrid-DRGs. 

Im folgenden Fachartikel geben wir Ihnen einen Überblick zu den aktuellen Entwicklungen der Ambulantisierung im Gesundheitswesen sowie dem Fortschritt des ambulanten Operierens anhand von Ambulantisierungsgraden pro Fachbereich mithilfe einer umfangreichen Datenauswertung der strukturierten Qualitätsberichte. 

Aktuelle Entwicklungen  

Bislang werden in Deutschland sektorengleiche Leistungen, die sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden können, unter verschiedenen Bedingungen und häufig mit signifikanten Preisunterschieden vergütet. Demnach herrschen in Deutschland finanzielle Anreize Fälle stationär aufzunehmen, anstatt diese ambulant zu behandeln.  Laut einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) sind durchschnittlich 34% der anfallenden Kosten bei ambulanten Operationen im Krankenhaus nicht durch die Erlöse gedeckt.  Strukturelle Rahmenbedingungen ambulanter Operationen im Krankenhausumfeld werden durch die EBM-Gebührenordnung als Vergütungsinstrument nicht ausreichend berücksichtigt, wodurch keine sachgerechte Vergütung stattfindet. Erfolgt die ambulante Operation durch einen am Krankenhaus tätigen Belegarzt, sind seine Leistungen ausschließlich nach den vertragsärztlichen Regelungen mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen. Erfolgt die ambulante Operation oder die Anästhesie allerdings durch einen Vertragsarzt, wird die Leistung vom Krankenhaus in Rechnung gestellt. 

Hybrid DRGs & AOP Katalog 

Die Einführung von Hybrid-DRGs für eine sektorengleiche Vergütung bestimmter Prozeduren soll den vorherrschenden Fehlanreizen sowie der nicht sachgerechten Vergütung der Krankenhäuser entgegenwirken. Hybrid-DRGs würden auch als strukturelle Voraussetzung die Ausweitung der Ambulantisierung noch stärker vorantreiben. Demnach sollten Vergütungen durch den GKV-Spitzenverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vereinbart werden, die jeweils für Krankenhäuser und Vertragsärzte identisch sind und nur nach Schweregrad des Behandlungsfalls variieren. Da es zu keiner fristgerechten Einigung durch die Selbstverwaltungspartner kam, liegt die Verantwortung und Fortsetzung nun beim Bundesgesundheitsministerium. Die Einführung der Hybrid-DRGs erfolgte daraufhin zum 01. Januar 2024.  Mit einem „Startkatalog“ soll Anfang 2024 die Umsetzung der speziellen sektorengleichen Vergütung (Hybrid-DRG) begonnen werden. So kann eine Vielzahl an bisher stationär erbrachten Operationen künftig auch von niedergelassenen Ärzten ambulant erbracht werden. Denn angesichts des anhaltenden Fachärztemangels kann eine Ambulantisierung nur mit Einbindung der niedergelassenen Vertragsärzte gelingen. Krankenhäuser und niedergelassene Ärztinnen und Ärzte arbeiten häufig nicht im Rahmen einer strukturierten Behandlungskette miteinander, sondern weitgehend parallel nebeneinanderher. Gelöst werden soll dies durch eine Integrierte Versorgung, bei der ambulanter und stationärer Sektor miteinander verzahnt werden. 

Befeuert werden soll die Ambulantisierung auch durch die Ausweitung des AOP-Katalogs um zusätzliche ambulante, stationsersetzende Operationen. Zum 1. Januar 2024 wurde dieser um 171 OPS-Kodes erweitert – das entspricht rund 300.000 vollstationären Fällen pro Jahr, die künftig ambulant erbracht werden können. Darunter fallen beispielsweise viele endoskopische Eingriffe. Der AOP-Katalog soll künftig mindestens alle zwei Jahre überprüft und an den Stand der medizinischen Erkenntnisse angepasst werden. Ziel sei es außerdem, das ambulante Potential in den Kliniken besser zu nutzen.  

Erwartungen 

Die verschiedenen Leistungserbringer sehen unterschiedliche Chancen in der Ambulantisierung. Krankenhäuser sehen das Potential darin, Leistungen anbieten zu können, die bisher nur im niedergelassenen Bereich von Vertragsärzten erbracht werden. Ebenso wird dadurch eine deutliche Entlastung des Krankenhauspersonals erreicht. Die Vertragsärzte, Tageskliniken sowie MVZ-Netzwerke hingegen sehen das Potential vor allem in der Ausweitung ihres ambulanten Leistungsangebots. In vielen Kliniken besteht bereits ein hohes ambulantes Substitutionspotential. Doch aus Sicht der Krankenhäuser, die nicht die nötigen Strukturen für ambulantes Operieren aufweisen, stellt das Konzept der Hybrid-DRGs eher die Öffnung des stationären Sektors für ambulante Leistungserbringer dar. Die ökonomische Bedeutung ambulanter Operationen für die Krankenhäuser bleibt daher weiterhin fraglich. Darüber hinaus wird auch eine steigende Anzahl an ambulanten OP-Zentren erwartet, welche gleichermaßen von Vertragsärzten oder Kliniken betrieben werden können.  

Marktüberblick & Ausblick

Die Versorgung wird sich künftig immer mehr vom stationären in den ambulanten Bereich verlagern. Wir geben Ihnen mithilfe unserer ausführlichen Datenanalyse der strukturierten Qualitätsberichte, einen Überblick über das Ambulante Operieren im stationären Sektor.  

Für einen genaueren Überblick über die Entwicklung der ambulanten Medizin in deutschen Kliniken eignet sich eine Analyse mithilfe von Längsschnittdaten aller strukturierten Qualitätsberichte von 2017 bis 2021. In der folgenden Grafik ist die Anzahl der operativen Prozeduren in Deutschland aus dem OPS-Bereich im Zeitverlauf von 2017 bis 2019 dargestellt. Aus der Entwicklung wird deutlich, dass die Anzahl stationärer Operationen stärker sinkt als die der ambulanten Operationen. Im Durchschnitt fällt die Zahl stationärer Operationen um -3,73%, während die der ambulanten Operationen durchschnittlich um -0,37% sinkt. So bewegen sich ambulante Eingriffe im Jahresverlauf auf einem gleichbleibenden Niveau. Dies trifft auch zum Beginn der Corona-Krise im Jahr 2020 zu, wo im Vergleich die Zahl stationärer Operationen um rund 9% einbricht. 

Im Rahmen der Erweiterung des AOP-Katalogs sowie der Einführung der Hybrid-DRGs wird sich der Trend dahingehend bewegen, dass sektorenübergreifend die Anzahl ambulanter Operationen steigen wird inklusive der gleichzeitigen Verlagerung stationärer Eingriffe in den ambulanten niedergelassenen Bereich. 

Quelle: Strukturierte Qualitätsberichte (2017 -2021). Eigene Darstellung

Die folgende Abbildung zeigt die Anzahl ambulant operativer Prozeduren in den Top 10 Fachbereichen. Demnach fanden im Jahr 2021 an deutschen Kliniken die meisten ambulanten Eingriffe mit rund 479.000 Eingriffen im Bereich der Inneren Medizin statt, gefolgt von den Fachabteilungen für Frauenheilkunde sowie Allgemeine Chirurgie. Betrachtet man allerdings den Anteil der ambulant erbrachten Prozeduren in den Krankenhäusern im Verhältnis zu den gesamten operativen Prozeduren (also inkl. stationär), so wird deutlich, dass im Bereich der Augenheilkunde der Anteil an ambulanten Operationen mit knapp 46,3% mit Abstand am höchsten ist. Danach folgt die Plastische Chirurgie mit einem Anteil ambulanter Eingriffe von 30,9%. Im Vergleich ist der Ambulantisierungsgrad zwischen den Fachbereichen sehr heterogen verteilt. Dies kann durch strukturelle Voraussetzungen sowie medizinische Anlässe begründet werden. Ebenso sind bestimmte Fachbereiche dadurch geprägt, dass ambulante Operationen vorwiegend im ambulanten, niedergelassenen Sektor durchgeführt werden, welches das Verhältnis ambulanter zu stationärer Eingriffe deutlich erhöhen würde.   In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen soll dennoch ein fachbereichsübergreifender Zuwachs an ambulanten Operationen angestrebt werden.   

Quelle: Strukturierte Qualitätsberichte (Stand 2021). Eigene Darstellung

Laut der Deutschen Ophthalmologie Gesellschaft (DOG) finden an privaten Augenkliniken heute bereits 80% der Behandlungen ambulant statt. In Hinblick auf die Ambulantisierung nimmt der Bereich der Augenheilkunde eine Vorreiterrolle ein. Das Ambulantisierungspotential in diesem Fachbereich ist daher zunehmend ausgeschöpft. Danach folgt die Plastische Chirurgie mit einem Ambulantisierungsgrad von knapp 31% sowie die Urologie mit ca. 24%.  

Diese Analyse sollte jedoch unter Beachtung davon interpretiert werden, dass Leistungen von an Krankenhäusern angebundenen MVZ’s, welche ambulante Operationen durchführen, nicht in den Qualitätsberichten erfasst werden. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass in den Fachbereichen der Ambulantisierungsgrad noch höher ausfällt.  


Liste der Kliniken in der Augenheilkunde

440€ einmalig | zzgl. USt.
    • Name, Standorte, Anzahl Operationen
    • DSGVO konforme Detailinformationen
    • inkl. Gruppenzugehörigkeit
    • Aufbereitet im Excel-Format